Tobias von Widdern berät Grundstückseigentümer:innen, Investor:innen, Corporates und Kommunen bei der Entwicklung von zukunftsfähigen Stadtquartieren. Durchmischung gilt für ihn dabei als Mantra – und für die ideale Zusammensetzung des Projektteams. Der Vater von zwei Jungs weiß aus erster Hand, wie Agilität geht und pflegt den Umgang mit Wagnis und Risiko auch abseits der Immobilienentwicklung: Im Rahmen inklusiver Skate- und Snowboardkurse hilft er Kindern aus schwierigen sozialen Umfeldern dabei, Spaß zu haben und ihr Selbstwertgefühl zu stärken.
Tobias R. C. von Widdern, Foto: © andreasfuchsphotography.com
„Gerade jetzt, da die Immobilienbranche zur Transformation aufgefordert ist, müssen tradierte Strukturen aufgebrochen werden. Die Branche braucht mehr Frauen in Führungsverantwortung, junge Mitarbeitende, die einfach mal machen dürfen, innovative Geschäfts- und Führungsmodelle.“
Warum ist unsere Welt ein besserer Ort, wenn Frauen und Männer gleiche Rechte und Chancen haben?
Jeder Ort ist ein besserer, wenn er durch Gleichberechtigung geprägt wird.
Warum braucht die Immobilienbranche mehr Frauen in Führung?
Die Immobilienbranche zeichnet sich durch Interdisziplinarität und ganz verschiedene Berufszweige aus. Ob Architektur, Ingenieurwissenschaften, Immobilienrecht, IT – in jeder Fachdisziplin gibt es gleichermaßen viele Frauen und Männer mit herausragenden Kompetenzen. Ihre unterschiedlichen Perspektiven, Erfahrungen und Fähigkeiten zusammenzubringen, ist gerade bei der Planung und Entwicklung von Gebäuden, die ja später von ganz unterschiedlichen Menschen genutzt werden, immens wichtig.
Dass dabei oft nur wenige Frauen in wichtige Entscheidungen einbezogen sind, ist eine traurige Tatsache. Ich bin überzeugt davon, dass jedes Team, jedes Immobilienprojekt und jedes Unternehmen von mehr Vielfalt so viel besser sein würde.
„Gerade bei der Planung und Entwicklung von Gebäuden sind unterschiedliche Perspektiven wichtig“
Was können Unternehmen dafür tun?
In der Immobilienentwicklung sehe ich seit Beginn meiner Berufstätigkeit, dass wesentliche Entscheidungen auf Basis retrospektiver Einschätzungen getroffen werden: „Das haben wir immer schon so gemacht“, „das hat beim letzten Mal auch so funktioniert“, „sie/er hat unser letztes Projekt schon nicht hinbekommen, wie soll das diesmal funktionieren“. Um bessere Entscheidungen zu treffen, sollten Unternehmen den Blick aber auch auf die Gegenwart und Zukunft richten. Gerade jetzt, da unsere Branche zur Transformation aufgefordert ist. Dazu müssen unbedingt die tradierten Strukturen aufgebrochen werden, mehr Frauen in Führungsverantwortung gelangen, junge Mitarbeitende einfach auch mal machen dürfen. Und es braucht innovative neue Geschäfts- und Führungsmodelle, die mit Überzeugung und Leidenschaft umgesetzt werden.
Was können Politik und Gesellschaft dafür tun?
Mein Eindruck ist, dass es in unserer Gesellschaft für den Abbau von Missständen immer noch eine gehörige Portion Mut braucht. Warum muss man erst mutig sein, um etwas anzupacken? Warum gilt es als gewagt, ein divers besetztes, gemeinwohlorientiertes Unternehmen zu gründen? Ich denke, nach so vielen Jahrzehnten reiner Wachstumsfixierung ist die Zeit reif, einen grundlegenden Paradigmenwechsel in Wirtschaft und Gesellschaft zu diskutieren. Dazu gehört auch die Frage, wie Unternehmen sozial nachhaltiger, inklusiver und werteorientierter gestaltet werden.
Was tust du ganz konkret?
Ich suche aktiv nach Projekten, bei denen ich Teil von durchmischten und hoch spezialisierten Teams sein kann. Und ich gehe keinerlei strategische Partnerschaften mehr ein, in denen kein ausgewogenes Verhältnis von weiblichen und männlichen Teammitgliedern vorhanden ist. Beruflich wie privat stehe ich sehr stark für Werte wie Transparenz, Gleichberechtigung, Authentizität und Vertrauen ein.
„Hinterfragt den Status Quo bei der Zusammensetzung von Teams und Unternehmenshierarchien“
Der Weg zu mehr Vielfalt in Führungsebenen geht nur gemeinsam. Wie gelingt es, die Männer mit an Bord zu holen?
Über die Jahre der Branchenzugehörigkeit sollte eigentlich bei allen Männern in der Immobilienwirtschaft ein gewisses Problembewusstsein vorhanden sein. Dennoch wird zu wenig für Vielfalt, Gleichberechtigung und Chancengleichheit getan. Das Argument, dass junge Absolventinnen und Bewerbende bei ihrer Jobwahl genau darauf Wert legen und nicht in verkrusteten Strukturen arbeiten wollen, kann sicherlich auch im Gespräch mit männlichen Entscheidern helfen.
Welchen Tipp oder Gedankenanstoß würdest du als Male Ally gerne anderen Männern geben?
Seid aufmerksam und hinterfragt den Status quo innerhalb eurer Teams, Projekte und Unternehmenshierarchien. Vielfalt ist kein Firmenwagen, es geht um viel mehr, um Kultur, Wertschätzung und gute Unternehmensführung.
Frauen, von denen du Fan bist?
Beruflich und privat wären das viel zu viele Namen, um sie alle aufzuzählen. Mein moralischer Kompass richtet sich am Vorbild meiner bereits vor vielen Jahren verstorbenen Großmutter aus. Und Verena Pröschl, die Gründerin von MyOma, hat in diesem Zusammenhang eine total charmante und erfolgreiche Geschäftsidee entwickelt >>>
Welche Frau wärst du gerne mal für einen Tag?
Eine Frau, die an diesem Tag Mutter wird. Diese Erfahrung fehlt uns Männern einfach vollkommen, kann durch keine Vorstellungskraft dieser Welt auch nur annähernd kompensiert werden und macht Frauen zum eigentlichen „starken Geschlecht“.
Hast du eine Superheldin (fiktiv oder real)?
Meine persönliche Superheldin ist jede Frau, die irgendwann in einer Welt ohne Frauenquoten, Gender-Sternchen, Diskriminierung, Lohnungleichheit und Klischees leben kann. Noch ist diese Superheldin leider fiktiv, aber ich bin überzeugt davon, dass sie eines Tages real sein wird.
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