Dieter Jäckel ist Manager Operations bei Befive, dem Netzwerk für die Built Environment im Innovations- und Gründungszentrum UnternehmerTUM in München. Dort ist er für die Kooperationsplattform verantwortlich, innerhalb derer Unternehmen aus der Bau- und Immobilienbranche im Bereich "Innovation" Ideen austauschen, sich vernetzen und neue Lösungen finden. Dieter ist verheiratet und hat einen Sohn (6) und eine Tochter (4) – und er ist überzeugt davon, dass echte Chancengleichheit ein Grundpfeiler der Gesellschaft sein muss, in der seine Kinder sich erfüllt und glücklich entfalten können.
Dieter Jäckel, Foto: Dieter Jäckel
„Wir müssen anfangen, das traditionelle Rollenbild des Mannes zu hinterfragen. Mir wurde nie die Frage gestellt, ob ich nach der Geburt meiner Kinder in Teilzeit gehen oder auch nur mehr als die zwei Monate Elternzeit nehme – das war im Unternehmen einfach nicht vorgesehen. Auch ich als Mann wünsche mir, nicht in stereotypen Erwartungshaltungen gefangen zu sein.“
Was macht dich zum Male Ally?
Ich bin Feminist und Male Ally aus der tiefen Überzeugung heraus, dass Geschlechtergleichheit ein zentrales gesellschaftliches Ziel ist. Geschlechterstereotypen und patriarchale Strukturen müssen überwunden werden – ganz allgemein, aber auch und gerade in noch immer männlich dominierten Bereichen unserer Gesellschaft. Die Bau- und Immobilienbranche ist dafür ein Paradebeispiel.
Warum ist unsere Welt ein besserer Ort, wenn Frauen und Männer gleiche Rechte und Chancen haben?
Die Gleichstellung der Geschlechter ist für mich grundlegend für eine gerechte, inklusive und nachhaltige Welt, zuallererst als Frage von Gerechtigkeit und Teilhabe. Es gibt einfach keinen Grund, warum Frauen – oder welche gesellschaftliche Gruppe auch immer – systematisch benachteiligt werden sollten. Das widerspricht den fundamentalsten Werten unserer freien Gesellschaft.
Und: Wenn alle Menschen sich und ihre Fähigkeiten am Arbeitsmarkt in gleicher Weise einbringen können, trägt das auch zu wirtschaftlichem Wachstum bei. Unterschiedliche Erfahrungen und Sichtweisen helfen, bessere Lösungen für komplexe Probleme zu finden. Sie machen offener für Neues und verbessern die Art und Weise, wie miteinander geredet und umgegangen wird – in Unternehmen genauso wie in unserer Gesellschaft.
Warum braucht die Immobilienbranche mehr Frauen in Führung?
Die Bau- und Immobilienbranche ist traditionell von Männern dominiert, auch und gerade auf Managementebene. Das kann sie sich gar nicht mehr leisten. Wenn mehr Frauen in der Branche in Führungspositionen sichtbar sind, ziehen sie andere Frauen und junge Mädchen, die eine Karriere in der Immobilienbranche anstreben. Sie zeigen, auch Frauen können hier erfolgreich sein. Genau darum geht es doch, gerade in Zeiten von Fachkräftemangel, attraktiver werden für die vielen Frauen und ihr riesiges Potenzial besser nutzen.
„Führungskräfte in den Unternehmen müssen sich fragen: Sind wir bereit, unseren Mitarbeitenden neue Wege zu ermöglichen oder halten wir an der Vergangenheit fest, weil wir es nicht anders kennen?“
Was können Unternehmen dafür tun?
Sich aktiv für Chancengleichheit einsetzen. Frauen gezielt fördern, Quereinsteigerinnen auch und gerade in den Führungsebenen einstellen. Eigene Betreuungsangebote für Kinder anbieten oder externe Angebote unterstützen, nicht an starren Arbeitszeitkonzepten festhalten, Teilzeit für Führung anbieten, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern. Die Liste ist lang ... Am Ende ist es eine Frage des Mindsets in der Führung. Führungskräfte müssen sich fragen: Sind wir bereit, unseren Mitarbeitenden neue Wege zu ermöglichen, oder halten wir an der Vergangenheit fest, weil wir es nicht anders kennen?
Dazu gehört auch, das Rollenbild des Mannes zu hinterfragen. Mir wurde in Unternehmen nie die Frage gestellt, ob ich vielleicht in Teilzeit gehen könnte, mehr als die üblichen zwei Monate Elternzeit nehmen würde – das war einfach nicht vorgesehen. Auch als Mann wünsche ich mir, nicht in einem starren Konzept gefangen zu sein.
Was Politik und Gesellschaft?
Aufgabe der Politik ist es, die Rahmenbedingungen zu schaffen, um die systematische Benachteiligung von Frauen in der Wirtschaft zu beenden. Dazu gehören der Ausbau von flexiblen Betreuungsmöglichkeiten der Kinder. Aber eigentlich greift das zu kurz. Aus meiner Sicht müsste man „heilige Kühe“ schlachten – wie beispielsweise das Ehegattensplitting, das traditionelle Geschlechterrollen verstärkt, indem es Anreize für eine Aufteilung der Arbeit schafft, bei der ein Ehepartner Vollzeit arbeitet und der bzw. die andere für die Hausarbeit und Kinderbetreuung zuständig ist – fast immer die Frau. Hier sind viel mutigere Schritte gefragt.
„Ich erkläre meinen Kindern, sie sind jetzt vier und sechs, dass es keine ‚Mädchenberufe‘, ‚Jungsfarben‘ und ‚Mädchensportarten‘ gibt. Es ist erschreckend, wie tief verankerte Geschlechterklischees schon im Kindergartenalter weitergegeben werden“
Was tust du ganz konkret, beruflich und privat?
Ich erkläre zum Beispiel meinen Kindern, sie sind 4 und 6, immer wieder, dass es keine „Mädchenberufe“, „Jungsfarben“, „Mädchensportarten“ etc. gibt. Es ist erschreckend, wie tief verankerte Geschlechterklischees schon im Kindergartenalter weitervermittelt werden.
Bei Neueinstellungen im Team achte ich mittlerweile sehr genau darauf, das Geschlecht in meinem Kopf konsequent auszublenden beziehungsweise versuche mir meine eigenen Vorurteile bewusst zu machen.
Wann wurde dir klar, dass wir mehr Frauen in Führung brauchen? Gab es ein persönliches Schlüsselerlebnis?
Ja, das gab es. Als ich vor einigen Jahren zwei Monate in Elternzeit gegangen bin und gesehen habe, wie die meisten Führungskräfte darauf reagiert haben – nämlich mit der ernst gemeinten Feststellung, dass ich ja nur staatlich finanzierten „Papa-Urlaub“ mache und es an Arbeitsmoral mangeln ließe. Da dachte ich zum ersten Mal, eine weibliche Führungskraft hätte vielleicht doch deutlich anders reflektiert – nur: es gab keine.
Der Weg zu mehr Vielfalt in Führungsebenen geht nur gemeinsam. Wie gelingt es, die Männer mit an Bord zu holen?
Indem man ihnen aufzeigt, dass eine vielfältige Managementstruktur nachweislich zu höherem wirtschaftlichem Erfolg führt. Indem man ihnen klarmacht, dass sich die Problematik knapper Personalressourcen nur dann einigermaßen lösen lässt, wenn man die Hälfte der potenziell Berufstätigen nicht systematisch daran hindert, sich voll einzubringen.
„Wie würde die Welt aussehen, wenn nicht nur Frauen, sondern auch Männer freier entscheiden könnten, wie sie leben und arbeiten wollen? Diese Frage hat bei mir viel ins Rollen gebracht“
Welchen Tipp oder Gedankenanstoß würdest du als Male Ally gerne anderen Männern geben?
Hinterfragt die gesellschaftlichen Geschlechterklischees und Erwartungen. Tretet einen Schritt zurück und stellt euch vor, wie die Welt aussehen würde, wenn nicht nur Frauen, sondern auch Männer freier entscheiden könnten. Bei mir hat das viel ins Rollen gebracht.
Frauen, von denen du Fan bist …?
Katherine Johnson, Dorothy Vaughan und Mary Jackson waren eine Gruppe Schwarzer Mathematikerinnen, die in den 1960ern bei der NASA arbeiteten. Sie leisteten entscheidende Beiträge zum Raumfahrtprogramm, gleichzeitig mussten sie sich als Frauen und Afroamerikanerinnen gegen viele Vorurteile zur Wehr setzen. Für mich sind sie wahre Pionierinnen.
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