Andy Dietrich

Strategiekollegen GmbH, Geschäftsführer



Andy Dietrich ist Geschäftsführer der Strategiekollegen GmbH. Als er 2012 in die Immobilienwirtschaft einstieg, war er erschrocken über die Konservativität der Branche – sowohl in optischer Hinsicht als auch in Bezug auf die Führungskräfte. Zu dieser Zeit waren vor allem dominante männliche Persönlichkeiten in Führungspositionen (und dunklen Anzügen) präsent. Es herrschte ein homogenes Bild, das sich auch im Miteinander zeigte und bis heute zeigt. Mit der Gründung der Strategiekollegen im Jahr 2019 hat sich Andy Dietrich vorgenommen, diese Monotonie aufzubrechen und Diversität sowie Parität innerhalb und außerhalb seines eigenen Unternehmens voranzutreiben.

Andy Dietrich



„Nach meinem Berufseinstieg in der Immobilienwirtschaft wurde mir schnell klar, dass wir in der Branche ein besonders männlich geprägtes Umfeld mit all seinen Facetten haben. Und eigentlich hatte ich darauf schon von Beginn an keine Lust gehabt. Wird Zeit, dass es sich ändert.“

Was macht dich zum Male Ally?

Eigentlich steht es mir gar nicht zu, diese Frage zu beantworten. Nur so viel: Ich verstehe mich selbst als Enabler für gute Ideen. Sobald ich etwas Inspirierendes höre, möchte ich meinen Anteil dazu beitragen, dass diese Inspiration entfaltet werden kann. Dabei fällt mir auf, dass es in homogenen Gruppen meistens nur zu homogenen Ideen kommt. Dabei ist unsere Gesellschaft heterogen aufgestellt. Es ist also nur folgerichtig, dass ich gezielt auf Kreativität aus allen Richtungen setze.  

 

Warum ist unsere Welt ein besserer Ort, wenn Frauen und Männer gleiche Rechte und Chancen haben?

Das ist simpel. Unsere Welt setzt sich zu gleichen Teilen aus Männern und Frauen zusammen. Wieso sollte eine Hälfte mehr Rechte haben als die andere? Das habe ich noch nie verstanden. Es mag sein, dass sich diese Ungleichheit über Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende manifestiert hat, aber macht es das nicht noch schlimmer? Wie konnten wir es zulassen, dass unsere weiblichen Familienmitglieder solch einer Diskriminierung ausgesetzt werden? Aus meiner Sicht müssen wir heute nicht mehr über Chancengleichheit diskutieren. Wir müssen sie vielmehr wirklich leben. 

 

Warum braucht die Immobilienbranche mehr Frauen in Führung?

Unsere Gesellschaft speziell in Deutschland entwickelt sich weiter. Sie ist woke, auch wenn dieser Begriff leider inzwischen viel zu oft negativ verwendet wird. Wenn die Immobilienwirtschaft hier (wieder einmal) den Anschluss verpasst, verschärfen wir dadurch unsere bereits angespannte Situation. Es ist einfach an der Zeit, neue und zeitgemäße Entscheidungen zu treffen. Dafür sollten wir aber auf alle Stimmen hören, speziell auf die von Frauen. Schließlich sind sie es, die wirklich frischen Wind in unsere angestaubte Branche bringen können.

 

„Um weibliche Führungskraft in einem männlich dominierten Umfeld zu ermöglichen, braucht es aus meiner Sicht Zwang. Wir sehen bei ESG, dass es funktioniert. Warum sollte es bei Diversität und Durchmischung anders sein?“

 

Was können Unternehmen dafür tun?

Hier fallen mir viele naive Dinge ein. Aber gut gemeinte Ratschläge wie „Schauen Sie nicht auf das Geschlecht von Bewerber:innen. Schauen Sie nur auf die erbrachten Leistungen.“ brachten uns in der Vergangenheit nicht weiter. Um weibliche Führungskraft in einem männlich dominierten Umfeld zu ermöglichen, braucht es aus meiner Sicht Zwang. Ob dieser Zwang etwa durch Quoten erbracht werden kann, weiß ich nicht. Bislang funktioniert das zumindest nicht gut. Ich würde mir vielmehr wünschen, dass der Druck von Investorenseite kommt. Wir sehen bei ESG, dass es funktioniert. Warum sollte es bei Diversität und Durchmischung anders sein? Die Gleichberechtigung in Unternehmen ist einer der wenigen Governance-Faktoren, der wirklich messbar ist. Wir sollten Diversität, nicht nur zwischen Männern und Frauen, sondern die Gleichberechtigung aller marginalisierten Gruppen etablieren und als ESG-Ziel einführen.

 

Was tust du ganz konkret, beruflich und privat?

Ich bin mir darüber bewusst, dass ich mich in meiner privilegierten beruflichen Situation befinde, weil ich von männlich geprägten Netzwerken profitiert habe und auch heute noch profitiere. Dennoch hinterfrage ich konstant mein eigenes Verhalten. In meinem Unternehmen arbeiten Frauen und Männer, die mich jederzeit daran erinnern, wann ich versehentlich diskriminierend agiert oder reagiert habe. Im Privaten habe ich diese Kontrollfunktion glücklicherweise auch. Und ich achte darauf auch bei Freund:innen und meiner Familie. Dieser externe Kontrollmechanismus von uns für uns ist aus meiner Sicht aber keine männliche oder weibliche, sondern eine menschliche Aufgabe. 

 

Und was jede*r Einzelne?

Wir sollten unser eigenes Verhalten genau beobachten und sensibler werden. Oft sind es ungewollte Verhaltensweisen, die dazu führen, dass Frauen in der Wirtschaft oder auch im Privaten diskriminiert werden. Ein Teil davon ist auf unsere Sozialisierung zurückzuführen, was aber schlussendlich bedeutet, dass wir es auch anders erlernen können. Ein Beispiel: Oft werden Ideen von Frauen intuitiv skeptischer betrachtet als Ideen von Männern. Warum ist das so? Objektiv gibt es keinen Grund dafür, wir haben es aber als Gesellschaft so erlernt. Nun müssen wir uns verbessern. 

 

Wann wurde dir klar, dass wir mehr Frauen in Führung brauchen? Gab es ein persönliches Schlüsselerlebnis?

Ich habe das ehrlich gesagt nie infrage gestellt. Warum auch? In meiner Schulzeit habe ich Lehrer:innen erlebt, denen ich zu keiner Zeit ihre Autorität abgesprochen hätte. Warum sollte das im Berufsleben anders sein? Nach meinem Berufseinstieg in der Immobilienwirtschaft wurde mir schnell klar, dass wir ein besonders männlich geprägtes Umfeld mit all seinen Facetten haben. Und eigentlich habe ich darauf schon von Beginn an keine Lust gehabt. Wird Zeit, dass es sich ändert.

 

„Ich habe die Hoffnung, dass das alte Mindset männlich geprägter Führungskultur seine beste Zeit erlebt hat und nun ersetzt wird. Und wir uns einer Phase nähern, in der Vielfalt dominiert“

 

Der Weg zu mehr Vielfalt in Führungsebenen geht nur gemeinsam. Wie gelingt es, die Männer mit an Bord zu holen?

Ich glaube kaum, dass wir „die Männer“, also pauschal alle Männer an Bord holen können. Aber gleichzeitig habe ich die Hoffnung, dass das alte Mindset männlich geprägter Führungskultur inzwischen seine beste Zeit erlebt hat und nun sukzessive ersetzt wird. Also ist es hoffentlich nur eine Frage des Generationenwandels und wir nähern uns einer Phase, in der Vielfalt dominiert.

 

Welchen Tipp oder Gedankenanstoß würdest du als Male Ally gerne anderen Männern geben?

Man sollte sich mal offen die Frage stellen, ob man wirklich Diskriminierung ausleben möchte. Niemand würde diese Frage mit „ja“ beantworten. Doch nichts anderes ist es doch, wenn wir ständig nur auf andere Männer hören. 

 

Frauen, von denen du Fan bist …?

Ich bin ein echter Fan Boy etwa von Stefanie Frensch, von der ich in den vergangenen Jahren sehr viel lernen durfte. Besonders beeindruckend finde ich auch die weiblichen Unternehmerpersönlichkeiten unserer Branche wie Susanne Tattersall und Iris Schöberl, die es geschafft haben, in einem sehr männlich geprägten Umfeld beruflich so erfolgreich zu sein – allen Widrigkeiten zum Trotz, könnte man sagen. 

 

Welche Frau wärst du gerne mal für einen Tag?

Ich würde gerne einmal einen Tag bei Christine Lagarde mitlaufen. Aktuell habe ich das Gefühl, dass in der Europäischen Union knapp 450 Millionen Finanzminister:innen wohnen und da wäre ich ganz gespannt, wie sich ihr Tag so strukturiert. Ob ich mit ihr auch wirklich tauschen möchte, wage ich zu bezweifeln. Das wäre für die Finanzstabilität der EU nicht gerade förderlich…

 

Hast du eine Superheldin (fiktiv oder real)?

Jetzt erwischt ihr mich auf dem Nerd-Fuß. Ich halte Captain Marvel für die stärkste aller Superheld:innen im gesamten Marvel-Universum. Deswegen wunderte es mich auch, dass sie sich nicht direkt um Thanos gekümmert hat und er 50% aller Lebewesen auslöschen konnte – sorry für den Spoiler! Aber sie meinte ja selbst, dass sie in allen Universen zu tun hat und ich weiß, wie schwer es ist, alle Dinge unter einen Hut zu bringen. Ich habe also Verständnis für ihre schwierige Situation.